Fotografie News - Landesverband Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern

  • 24.09.2022 Hintergrundwissen , Wettbewerbs- und Ausstellungshinweise

    Die Ausstellung Schichtungen des Realen im Kunsthaus sans titre, Potsdam Französische Str. 18.....

    ….läuft noch bis zum 30. Oktober 2022




     
    Mit Arbeiten von Elena Helfrecht, Karina Sirkku Kurz, Gisoo Kim, Axel Beyer und Wolfgang Zurborn, der die Ausstellung kuratiert hat und die Eröffnungsansprache am 24.09.2022 hielt.

    Der Star der gut besuchten Eröffnung war eindeutig Wolfgang Zurborn. Er kommuniziert mit seinen Zuhörer:innen während er spricht. Seine Augen suchen ständig den Kontakt mit dem Auditorium. Er redet frei und den Gästen ist sofort klar. Hier schöpft jemand aus dem Vollen.  Hier spricht jemand mit Sendungsbewußtsein, der für seinen fotografischen Ansatz ebenso überzeugend wirbt wie für die Arbeiten der anderen Künstler:innen. Er präsentiert seine Position mit großer Leidenschaft und beeindruckt damit seine Zuhörer:inen. Er führt sie auf eine Gedankenreise, die sie gespannt mitverfolgen. Keine Wunder dass Wolfgang Zurborn auch als Lehrender gefragt ist. Viele seiner Kursteilnehmer:innen kommen wieder, buchen einen zweiten Kurs, manche halten ihm über viele Jahre die Treue. Besser kann man den Einstieg in eine Ausstellung nicht vorbereiten

    Hier einige Auszüge aus der Ankündigung, die Wolfgang Zurborn verfasst hat und die Lust auf einen Besuch macht
     
    „Es ist ein glücklicher Moment, wenn innere Bilder und äußere Realität zusammenkommen in subjektiven Wahrnehmungen von Lebenswelten. Das Medium der Fotografie kann dann, jenseits des Glaubens an eine eindeutige Interpretation der Wirklichkeit, immer tiefer eindringen in die komplexen Schichtungen des Sichtbaren. Die künstlerische Haltung ist dabei, sich nicht vorschnell zufrieden zu geben mit dem einfachen Abbild der Welt, sondern mit experimentellen und konzeptionellen Methoden visuelle Metaebenen zu entwickeln. In diesen entsteht eine Kraft der Imagination, die die Betrachter:innen mit eigenen Erfahrungen und Fantasien füllen können.
     
    Die Künstler:innen Elena Helfrecht, Karina Sirkku Kurz, Gisoo Kim, Axel Beyer und Wolfgang Zurborn hinterfragen mit ihren fotografischen Arbeiten ihre eigene Identität mit all den Prägungen, die sie durch familiäre, gesellschaftliche, kulturelle und politische Einflüsse erhalten haben. Ihre Arbeiten bewegen sich meist auf der Schnittstelle zwischen real und surreal und ermöglichen mit ihren ungewöhnlichen Bildwelten einen Blick auf unsere Gegenwart jenseits konventioneller Denk- und Wahrnehmungsmuster.



    So untersucht Elena Helfrecht mit ihrer Arbeit Plexus (2018–heute) den Einfluss der Familie auf psychologische und kulturelle Prozesse innerhalb einer vier Generationen umspannende Geschichte . Dabei verschmelzen dokumentarische und inszenierte Bilder zu einer Art allegorischen Theaterstück, in dem ihr Familienanwesen in Bayern zu einer Bühne wird, auf der alltägliche Objekte zu geheimnisvollen Darstellern von Gegenwart und Vergangenheit transformieren…..Bei dem mehrteiligen fotografischen Werk Supernature (2015 - 2019) von Karina-Sirkku Kurz ist der menschliche Körper das zentrale Motiv. Ihre Bilder versteht sie als ein visuelles Staunen über Dinge, über die Welt und über das, was Menschen tun. So rückt die ästhetisch-plastische Chirurgie in ihr Blickfeld, die den eigenen Körper in ein formbares, skulpturales Objekt umwandelt…..Gisoo Kim geht beim Umgang mit ihren fotografischen Bildern noch einen Schritt weiter, indem sie durch Sticken, Schneiden und Collagieren konkreten Sichten auf die Welt weitere visuelle Ebenen hinzufügt. In der Schichtung und Interaktion der verschiedenen Materialien und Bildwelten mit variierender formaler Abstraktion kreiert die Künstlerin eine Vielzahl neuer Realitäten….. Die visuelle Montage ist auch für Axel Beyer die angemessene Technik, einen konkreten Ort einerseits präzise fotografisch zu erkunden und andererseits eine sehr pointierte persönliche Sicht auf Absurditäten des Alltäglichen zu formulieren. Vorgefunden hat er diese in der hessischen Kleinstadt Bebra, die er aus familiären Gründen häufig besucht hat und dabei das Interesse für eine dokumentarische Annäherung entstanden ist.

    In der Serie Play Time (2015-2019) von Wolfgang Zurborn wirken die Fotografien auch oft wie Collagen, aber es sind tatsächlich Momentaufnahmen aus dem städtischen Leben bei verschiedenen Anlässen und an ganz unterschiedlichen Orten. Mit ungewöhnlichen Perspektiven werden die Betrachter: innen in eine ganz eigenwillige, skurrile Bilderwelt entführt, in der Szenen und Objekte des alltäglichen Lebens scheinbar aus dem Lot geraten sind. Der zeitgenössische Mensch findet sich in einer Play Time wieder, in der die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen. Das Gefühl für die Geborgenheit in einem vertrauten Lebensraum löst sich dabei immer mehr von einem konkreten Ort ab hin zu einer Welt voller künstlich geschaffener Mythen.“
     
    Ab dem 17. November zeigt Wolfgang Zurborn seine Arbeit „Play Time“ im Museum Tempelhof. Der Bildband zu der Ausstellung ist vorzüglich.

    Christoph Linzbach

    http://www.wolfgangzurborn.de/de/news/index.php