Fotografie News - Landesverband Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern

  • 14.06.2023 Hintergrundwissen

    Augen des Sturms



    Im C.H.Beck Verlag ist ein Fotoband erschienen, der einen der weltweit bekanntesten Musiker Paul McCartney von seiner fotografischen Seite zeigt. Paul McCartney war ein guter Fotograf, der mehr als nur Schnappschüsse produzierte. Viele Bilder sind nicht nur Zeitzeugnisse. Der Bildaufbau ist oft gelungen. Die Bilder zeigen eine Spannung, die den selbst entfachten Sturm der Beatles widerspiegeln. Mit jeder Seite, die man aufschlägt, werden so mein Eindruck die Fotos besser und in der Summe ist die Qualität seiner Aufnahmen nicht schlechter als die der Fotografen, die die Beatles in dieser Zeit umgaben.

    Erinnert sei hier nur an die Beatles-Fotografin Astrid Kirchherr, die von Paul McCartney 2020 nach ihrem Tod gewürdigt wurde. Er bekundete seine Trauer. Er habe die "sehr traurige" Nachricht von dem Tod der Fotografin erhalten, schrieb der Musiker damals auf Instagram. Kirchherr habe in ihren Clubzeiten in Hamburg wunderbare Schwarz-Weiß-Fotos von der Band gemacht. Er habe so viele schöne Erinnerungen an die gemeinsame Zeit, darunter an einen Ausflug nach Lübeck.

    Er gibt in seinem neuen Buch private Einblicke in das Leben der Beatles. Hunderte Bilder aus den 1960er Jahren, die hinter den Kulissen entstanden sind. Die Fotos stammen aus sechs Städten, die die Beatles während dieser ereignisreichen Zeit bereisten: Liverpool, London, Paris, New York, Washington D.C. und Miami. Der heute 80jährige hatte viele dieser Aufnahmen bereits aus seinem Gedächtnis gestrichen. Er erinnerte sich jedoch gegenüber seinen Mitarbeitern, dass er die aufwühlende Zeit fotografisch begleitet hatte. Und die Suche begann. Er war schon von 1963 fotografisch aktiv. Eine neue Spiegelreflexkamera mit einem 35mm Objektiv kam 1963 und 1964 zum Einsatz. Insofern spiegelt das Buch auch seine Entwicklung als Fotograf wider.

    Die Fotos zeigen seine  persönliche Perspektive einer höchst dynamischen Zeit, in der die Beatles den kulturellen Wandel in Großbritannien und weltweit nach seinen Worten aus dem Zentrum, den „Augen des Sturms“, erlebten. „Ich dachte an ‚Auge des Sturms‘, im Singular, da die Beatles sich im Auge eines von ihnen selbst entfachten Sturms befanden“, sagte McCartney anlässlich der Veröffentlichung, „aber als wir uns die Bilder ansahen, dachte ich, das sind eher viele Augen als nur eins.“

    Paul McCartney erinnert sich in einem Vorwort an die Tumulte in den britischen Konzertsälen und die Hysterie, mit der die Band bei ihrem ersten Besuch in Amerika empfangen wurde. Den Städtekapiteln sind Erinnerungen vorangestellt. In dem Essay „Beatleland“, stellt  Jill Lepore, Historikerin an der Harvard University und Autorin beim New Yorker dar, wie die Beatles zum ersten wahrhaft globalen Massenkulturphänomen wurden.

    Christoph Linzbach