Fotografie News - Landesverband Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern

  • Ausstellungsansicht: Santeri Tuori, Posing Time im Serlachius Museum Gösta, Mänttä, Finnland, 2021. Courtesy: Persons Projects 13.04.2023 Hintergrundwissen

    The Helsinki School



    Vor ca. 23 Jahren kaufte ich mir ein Fotobuch mit dem Titel "The Helsinki School – Vol. 3" Young Photography by TaiK“. Das Buch stellte 18 Fotografen vor, deren Arbeiten mich durch ihre eindringlich kreative Kraft beeindruckten, mich neugierig machten. Die Fotos präsentierten Bildwelten, die sich auffallend aus dem Einheitsbrei der Fotos abhoben wie man sie bei Amateurfotowettbewerben oder in verbreiteten online Fotoforen präsentiert bekommt. Was sich hinter der Bezeichnung "Helsinki School" verbirgt war mir damals unbekannt, ebenso der Name TaiK sowie die im Buch vorgestellten Fotografen. – Inzwischen verfolge ich begeistert die Arbeiten der Künstlergruppe, die sich unter der Bezeichnung "Helsinki School" verbirgt.

    Die Helsinki School ist und war keine öffentliche Einrichtung. Der Name steht für eine Gruppe, welche sich ursprünglich aus mittlerweile sechs aufeinanderfolgenden Generationen von MA-Studierenden rekrutierte, die am sog. Professional Studies Program Photography an der University of Art and Design (TaiK) in Helsinki teilgenommen hatten. Sie wurde in den 1990er Jahren von Timothy Persons ins Leben gerufen sowie geleitet und vertritt einen Lehransatz, der den fotografischen Prozess als Werkzeug für konzeptionelles Denken nutzt – basierend auf John Baldessaris Open Studio Concept, das Persons während seines Studiums in Südkalifornien in den 1970er Jahren kennenlernte und später an eine eher nordische Perspektive anpasste. Kurioserweise fand die Helsinki School außerhalb Finnlands zunächst größere Aufmerksamkeit als in ihrem Herkunftsland, obwohl die Galerie TaiK, durch welche die Fotografen bekannt wurden, in Finnland und anderen Ländern seit den 90iger Jahren eine Reihe von Ausstellungen organisierte. Schließlich verlegte sie ihre Aktivitäten nach Berlin, wo sie 2005 eine Galerie eröffnete, die heute unter dem Namen "Persons Projects" bekannt ist. Die Galerie ist eine Erfolgsgeschichte, nimmt seit ihrer Gründung an zahllosen internationalen Kunstmessen teil (z.B.: Paris Photo, Photo London, Viennacontemporary), organisiert für ihre Künstler weltweit Ausstellungen, Performances und online Projekte. In Zusammenarbeit mit leitenden Verlagen publiziert Persons Projects teilweise bis zu zehn Bücher pro Jahr.

    Mitbegründer und Co-Direktor der Galerie ist Timothy Persons, der über 30 Jahre lang eine Professur an der TaiK University of Art and Design in Helsinki (heute Aalto University, School of Arts, Design and Architecture) hatte. Weitere Co-Direktorin ist Asia Zak Persons, die ebenfalls als Kuratorin, Herausgeberin und Managerin arbeitet.

    Warum sind die Fotografen der Helsinki School international so erfolgreich? Die Antwort auf diese Frage findet sich zum Teil in einem älteren Artikel von Timothy Persons (2009 – verkürztes, sinngemäßes Zitat): Ursprünglich verbarg sich hinter dem Namen Helsinki School ein innovatives Ausbildungsprogramm, das an der University of Art, Design and Architecture realisiert wurde. Einer ausgewählten Gruppe von Studierenden im Studiengang Master of Arts wurde Gelegenheit gegeben außerhalb ihres Curriculums ihre eigene Originalität zu entwickeln und zu kritisieren. Ziel war auch die Studierenden von Beginn an aus ihren Lehrveranstaltungen herauszuholen, sie zu lehren, wie man kuratiert und die eigene Arbeit auf professionellem Niveau konzeptionell entwickelt, realisiert und präsentiert. Schließlich wurde die Galerie TaiK gegründet, um diese ausgewählten Studierenden international sichtbar zu machen.

    Die Zahl der Künstler, die im Laufe der Jahre zur Helsinki School gehörten, ist schwer zu ermitteln, da sich die Gruppe seit ihrer Gründung in den 1990er Jahren ständig vergrößert hat. Die Helsinki School beheimatet jedoch Dutzende von Künstlern, die an der TaiK oder Aalto University, School of Arts, Design and Architecture in Finnland studiert oder gelehrt haben. Alle sind von der ästhetischen und konzeptionellen Herangehensweise der Gruppe an die Fotografie beeinflusst worden. Zum Programm der Galerie Persons Projects gehören zudem weitere internationale, konzeptuelle Künstler.
     
    Zu den bekanntesten Fotografen, die mit der Helsinki School in Verbindung gebracht werden, gehören unter anderem Elina Brotherus, Jyrki Parantainen, Sanna Kannisto, Ola Kolehmainen, Niko Luoma und Santeri Tuori. Wer spannende und anregende zeitgenössische Fotografie entdecken und erleben will, sollte sich auf der Webseite www.personsprojects.de die Portfolios der gegenwärtig von der Galerie vertretenen Künstler anschauen. Auch wenn die Anzahl der Personen, die mit der Gruppe assoziiert werden nicht genau definiert werden kann, hat die Helsinki School einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der zeitgenössischen Fotografie in Finnland und darüber hinaus.

    Bernd Walz

    https://www.bernd-gundula-walz.de

    Quellen:
    Persons, T., Hiller von Gaertringen, K., Gallen-Kallela-Sirén, J. / The Helsinki School, Vol. 3, Photography by TaiK. Hatje Cantz Ostfildern 2009.


    https://www.personsprojects.com/


    https://de.wikipedia.org/wiki/The_Helsinki_School