Fotografie News - Landesverband Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern

  • 04.06.2022 Hintergrundwissen

    Der Deutsche Fotorat in Hamburg

    Wo bleiben die Amateure?





    Der Deutsche Fotorat gegründet und getragen von der Deutschen Fotografischen Akademie (DFA, gegründet 1919), der Deutschen Gesellschaft für Photographie (gegründet 1951), dem BFF – Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter (gegründet 1969) und FREELENS (gegründet 1995) tritt an für ein Kulturgut, das konkurrenzlos in Hinblick auf Reichweite, Wirkung und potentielle Verwertungs- und Gestaltungszusammenhänge ist. Dagegen steht der niedrige Stellenwert, der der Fotografie in Staat und Gesellschaft eingeräumt wird. Eine Diskrepanz, die kaum größer sein könnte.

    Fotografie – Das Auge unserer Gesellschaft. So lautete der Titel des ersten Symposiums des Deutschen Fotorates, das am Mittwoch den 1. Juni 2022 in Hamburg in den Deichtorhallen, Haus der Photographie stattfand. Der Titel bringt die Bedeutung der Fotografie als Kulturgut auf den Punkt. Ich hatte zugesagt, über die Veranstaltung zu berichten. Einige von Euch waren online und haben den Live-Stream der Veranstaltung verfolgt. Im Nachgang ist dies über die Aufzeichnung auf dem YouTube-Kanal des Deutschen Fotorates möglich. Es lohnt sich.

    Die Veranstaltung kreiste um vier Fragestellungen, die das Feld der  Fotografie in seiner ganzen Vielfalt und Bandbreite abdecken und ausmessen sollten. Wie wandelt sich das Berufsbild der Fotograf*innen? Was wird aus dem fotografischen Erbe? Welche Rolle spielt die Fotografie in der Kunst? Wie macht uns Bildkompetenz demokratiefähig? Die vier Diskussionsrunden legten schonungslos Defizite und Missstände offen, die die berufliche Situation und gesellschaftliche Stellung der Fotograf*innen kennzeichnen. Es blieb aber nicht bei der Fehleranlyse.  Die Diskutant*innen füllten einen Pool mit Themen, Anliegen und Forderungen, mit denen sich die Fotografie in Zukunft an Politik und Gesellschaft wenden kann. Welche Schritte zu gehen sind und wie man seine Ziele erreicht, war nicht nur Gegenstand der Abschlussdiskussion, in der konkrete Vorschläge präsentiert wurden. Gleichwohl war die Schlussrunde besonders spannend.

    Juana Bienenfeld, ehemals beschäftigt bei der Kulturbehörde Hamburg, Referat Film und Fotografie brachte es zum Abschluss der Tagung auf den Punkt. Ein Satz von ihr ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben: Ich sage das, was ich immer sage. Ein dezenter Hinweis darauf, dass die Fotografie - was eine bessere Aufstellung gegenüber Politik und Gesellschaft angeht-  kein Erkenntnis-  sondern ein Umsetzungsproblem hat. Sie plädiert vehement dafür, dass die Fotografie zunächst einmal ein Bewusstsein ausprägen muss dafür, dass es gemeinsame Interessen gibt, die formuliert und geschlossen vertreten werden müssen. Fotografie muss anfangen, so wie der Film gemeinsam zu handeln. Der Film hat den Vorteil, das er immer eine Koproduktion ist, während in der Fotografie viele Einzelkämpferinnen unterwegs sind und ihre Produkte individuell fertigen. Dafür bedarf es geeigneter Strukturen. Eine Kultur der ständigen Kommunikation und Absprache muss aufgebaut und gepflegt werden. Fotografie muss die zentralen Aufgaben und Problem der Branche identifizieren und auf dieser Grundlage der Politik Lösungsansätze anbieten. Sie muss als Szene sichtbarer werden, lebendig sein und sich ausdrücken so Frau Bienenfeld. Gute Beispiele auch aus anderen Ländern wie in Frankreich gibt es zur Genüge, die man sich anschauen sollte. Nur daraus kann Schlagkraft gegenüber der Politik erwachsen. Frau Bienenfeld bestätigte damit, dass es höchste Zeit war, den Deutschen Fotorat zu gründen. Ebenso kann man ihre Ausführungen als Plädoyer dafür werten, die Arbeit des Deutschen Fotorat zu professionalisieren. Und dafür das dieses neue Format gemeinsamer Interessenvertretung die nachhaltige Unterstützung der ganzen Branche und aller Fotografi*innen braucht.

    Eine Vertreterin oder einen Vertreter aus dem Bereich der Amateurfotografie beispielsweise vom DVF habe ich auf der Veranstaltung nicht gesehen.

    Christoph Linzbach

    https://www.youtube.com/channel/UCkpsQJP9C2vD31n1M7rawGQ