Fotografie News - Landesverband Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern

  • 30.01.2022 Hintergrundwissen

    PEP

    NEW TALENTS 2021 in der Kommunalen Galerie Berlin




    Das Foto zeigt die junge, rührige und zu Recht sehr stolze Bénédicte Blondeau anläßlich der Eröffnung der von ihr kuratierten Ausstellung NEW TALENTS 2021 Fotografie, die vom 30 Januar bis zum 27. März 2022 in der Kommunalen Galerie am Hohenzollerdamm 176 in Berlin gezeigt wird. Unbedingt hingehen. Die Begründung folgt auf dem Fuße.

    Die Ausstellung ist in mehrfacher Hinsicht bemerkens- und sehenswert. Sie ist das Ergebnis einer weltweiten Ausschreibung, auf die sich jede und jeder mit einer geringen Gebühr bewerben konnte. Eine innovative individuelle Bildsprache bei freier Themenwahl wurde gesucht und, wie jeder Besucher sehen kann, auch gefunden. Die Kuratorin hat es geschafft, 47 unterschiedliche hochspannende fotografische Positionen in einem Raum so zu hängen, dass die Ausstellung stilistisch und thematisch betrachtet gut lesbar ist. Das muss man erst einmal hinbekommen. Viel Anerkennung und Wertschätzung spricht aus den einleitenden Worten von Norbert Wiesneth, der maßgeblich am Zustandekommen der Ausstellung und bei der Auswahl  der Fotos mitgewirkt hat. Bénédicte Blondeau erläutert die einzelnen Positionen.  Regionales Fernsehen ist ebenfalls anwesend. Detailliertes über die präsentierten Positionen ist nachlesbar in dem kleinen aber feinen Ausstellungskatalog, der für 5 Euro verkauft wird. Nicht schlecht, oder?

    Bénédicte Blondeau steht für PEP (Photographic Exploration Project), eine Plattform zur Förderung neuer Talente in der Fotografie. PEP ist ein Projekt ohne festen Standort, dass sich für jede Ausstellung eine neue Kooperation und neue Räume sucht. PEP und die Kommunale Galerie Berlin haben für die dritte Edition der Gruppenausstellung NEW TALENTS Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt eingeladen. Bénédicte Blondeau versichert mir, dass es PEP tatsächlich um neue Talente geht und nicht nur um junge Fotografinnen und Fotografen. Das Ausstellen der Fotos im Kollektiv steht ganz oben auf der Liste der Merkmale, die den konzeptuellen Ansatz ausmachen. Die Ausführungen von PEP hierzu sprechen für sich:

    „PEP aims at exploring the photographic language in all its aspects, photography being here considered as a way of communication using its own visual elements as pieces of a particular vocabulary. Each element of this “visual lexicon” constitutes a theme in itself, further explored in a free and personal way by various artists who ultimately show the result of their work in a collective exhibition. The aspect of the collectivity is central to the project: the plurality of perspectives allows to reach a wider and more creative approach by opening each theme to new ways of interpretation likely to challenge the common ideas usually associated with them and create an expanding and innovative visual lexicon.
    The idea of PEP arose from a simple observation: in a context where the general interest in the photographic medium has never been so vivid and where remarkable works are flourishing every day, it is often not easy for emerging talents to find the right opportunity to show their work. That’s why PEP wishes to give the chance for new voices of photography to gain exposure and recognition by showing their work on the international stage and contributing to Berlin and Brussels' vibrant art scenes.“

    Die Bandbreite der dargestellten Positionen ist so groß, dass es mir unmöglich erscheint, nichts Passendes oder Beeindruckendes zu finden. Folgende Künstlerinnen und Künstler sind mir aufgefallen. Belangloses habe ich nicht entdeckt.

    Carola Plöchinger widmet sich den emotionalen Qualitäten von Landschaften, ihrer Verletzlichkeit und die Befindlichkeiten der Fotografin im Rückblick auf die von ihr fotografierten Ausschnitte der Natur. Sie ringt mit der Vergangenheit, die immer eine Konstruktion ist und kontinuierlich editiert werden muss.

    Maria Mavropoulou beschäftigt sich mit der unsere Welt bestimmenden Bildproduktion und Bilddistribution. Gleichzeitig hinterfragt sie die Rolle der Menschen und Algorithmen in diesem Geschäft.

    Mateusz Janik konzentriert sich auf Zwangsstörungen (Obsessive compulsive disorder, OCD), die durch Zwangsvorstellungen, Zwangshandlungen oder beides gekennzeichnet sind. Seine Fotos sollen nicht die mentalen Störungen visualisieren, sondern Aufmerksamkeit auf eine Krankheit lenken.

    Alejandras Vacuiis Fotos handeln von der Suche nach dem Außergewöhnlichen  im Alltäglichen. Überall und zu jeder Zeit kann sich eine Tür öffnen in eine andere Dimension, die nur dadurch begehbar wird, dass man den eigenen Bewußtseinszustand ändert.

    Hallie Gluk verfolgt einen spielerischen Ansatz, in dem sie sich mit den Veränderungen beschäftigt, die die Fotografie bewirken kann. Licht, Spiegel und Illusionen sind ihre Spielzeuge, die ohne großartige Bildbearbeitung im realen Leben zu etwas Neuen komponiert werden. Eine neue Realität im Bild spricht zu uns. Die Sprache der Fotografie im Unterschied zur gesprochen Sprache. Das interessiert die Fotografin.

    Francisco Merlini beschäftigt sich mit dem weltweit größten Mark für Voodoo Produkte in Lomé, Togo. Auf dem Adodessawa Marche des Feticaurs kann man fast alles kaufen, das in Verbindung steht mit den unsichtbaren Mächten, die sich der Mensch nicht erklären kann.

    Maggie Shannon widmet sich den Ängsten und Sorgen, die Corona bei den vor der Geburt stehenden Frauen ausgelöst hat. Viele wollten 2020 ihre Kinder zuhause zur Welt bringen. Hebammen wurden mit panikgetränkten Anrufen bombardiert.

    Eine kleine Auswahl von Themen und Postionen, die Lust auf die Ausstellung machen soll. Ein großer Dank geht an PEP ebenso wie an die Kommunale Galerie, deren Aufgabe es ist, sich um die lokalen Künstler, Künstlerinnen und künstlerisch ambitionierte in Berlin lebende Amateure zu kümmern.  Nicht die großen sondern die werthaltigen unbekannten Namen gehören in kommunale Galerien, vor allem aus dem lokalen Umfeld, gelegentlich auch national und international zusammengetragen; das ist wichtig, auch weil Künstlerinnen Netzwerke brauchen, die über die lokale Ebene hinausgehen.

    Christoph Linzbach

    https://www.pep.photography/

    https://www.kommunalegalerie-berlin.de/ausstellungen/aktuell/new-talents-2021/