Fotografie News - Landesverband Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern

  • 22.04.2021 Hintergrundwissen

    Klaus Wohlmann

    Fotografie im Lockdown


    Klaus Wohlmann hat 4 deutsche Städte im Lockdown fotografiert. Warum eigentlich? Was sucht und findet ein klassischer Streetphotographer in Zeiten der Leere und des Stillstands?

    Das Cover des Buches deutet eine erste Antwort an. Ein Mann steht mit dem Rücken zum Betrachter und wird beleuchtet. Er wird von vorne bestrahlt, schaut also ins Licht sprich in die Hoffnung. Ist das so: Schaut er in die Hoffnung? Die Szene wirkt durchaus dramatisch, wie in einem Krimi bei Nacht. Das Opfer wird plötzlich angestrahlt.  Und dann überfahren? Doch Bedrohung statt Hoffnung? Ich denke, dass er hier mit uns spielt und mit einer bewußt gesetzten Ambivalenz alleine läßt.

    Klaus Wohlmann erkundet die Befindlichkeiten der vom Lockdown betroffenen Städte und Menschen. Er stellt im Deutschlandfunk klar, dass sein Bildband nicht die Ausweglosigkeit abfeiert. Er leitet sein im Eigenverlag erschienenes Buch mit einem Bild ein, dass die Möglichkeit der Zuversicht andeutet. Ansonsten zeigen seine Fotos die Vereinzelung. Es dominiert der Raum. Es dominieren die klaren Linien und Kontraste. Es kommt ein Hauch von Existenzialismus auf, aber keine Untergangsstimmung. Lockdown is over; irgendwann. Dann setzt sie wieder ein die Rush Hour des Lebens. Werden wir den Lockdown im Rückblick als ruhige Zeit der Selbstbesinnung glorifizieren? Klaus Wohlmann bleibt uneindeutig. Er schwankt und wechselt die Positionen ganz gezielt, um uns zum Nachdenken zu bewegen in einer Situation, die aussichtslos erscheint, es aber nicht ist. Ein Künstler eben.

    Auf seiner Website werden spannende  Bezüge hergestellt zwischen Lockdown und Streetphotography: „Streetfotografie ist schon immer eine Art Distanzierung gewesen. Eine Art Einsamkeit in der Masse. Die Kamera als Maske. Sich selbst in Gefahr bringen, sich tief in einer fremden Umgebung eintauchen lassen, die Angst vor dem Mitmenschen unterdrücken und erst dann, kommt die Zeit auf den wesentlichen Punkten zu fokussieren. Eine kompromisslose Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit.“ Kluge Worte kann ich da nur sagen.

    Man kann in Zeiten des Lockdowns die Dinge anders fotografieren, sich noch besser auf das Wesentliche konzentrieren. Das haben vielen von uns erfahren. Die Einsamkeit des Streetphotographers spiegelt sich im Lockdown. Das hat Klaus Wohlmann treffend bemerkt. Belebte Orte werden vorübergehend zu Lost Places. Melancholie kommt auf. Die Streetphotography wird auch von solchen Befindlichkeiten getragen und ist gleichzeitig  Instrument der Analyse und der künstlerischen Darstellung - und vermittelt Hoffnung.

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